Ob Massenkarambolage auf der Autobahn, Hochwasserkatastrophe an einem der deutschen Flüsse oder Evakuierung wegen einer Bombenräumung – wann immer sehr viele Menschen an einer Ausnahmesituation beteiligt sind, können einige von ihnen „verloren gehen“. Natürlich nicht wirklich, aber zumindest aus der Sicht von Angehörigen, die dringend wissen wollen, ob auch ihr Familienmitglied zu den Verletzten gehört, oder ob es ihm gut geht.
Am zweiten Mai-Wochenende übten 24 Rotkreuzler den Notfall. Dazu wurde das Gelände um die DRK-Landesgeschäftsstelle an der Henri-Dunant-Straße in Bremen zum „Katastrophengebiet“ erklärt und eine Meldestelle des DRK-Suchdienstes eingerichtet. Bei der Übung handelte es sich um das Abschlussmodul einer fünfstufigen Suchdienst-Ausbildung des Roten Kreuzes. Die Aufgabe bestand darin, eine Suchdienst-Meldestelle einzurichten, das EDV-Netzwerk aufzubauen und alle direkt oder indirekt am Katastrophen-Szenario Beteiligten zu registrieren. Die Daten waren zu sortieren und zu speichern und berechtigten Dienststellen oder Suchenden zugänglich zu machen. Zu der Übung hatten die ehrenamtlichen Mitglieder des Landesauskunftsbüros (LAB, Suchdienst) des DRK-Landesverbandes Bremen ihre Suchdienst-Kollegen aus den DRK-Kreisverbänden Stade und Cuxhaven eingeladen. Gemeinsam kam man auf die im Ernstfall (pro Schicht!) benötigte Sollstärke von 24 Frauen und Männern. „Mit 24 Helfern pro Schicht können wir alle Aufgabenbereiche besetzen und beispielsweise die schnellstmögliche Suchfallklärung gewährleisten“, erläuterte Horst Fredersdorf, der ehrenamtliche Leiter des Bremer Suchdienst-Teams.
Zur Einstimmung auf das Übungsszenario zeigte Fredersdorf die filmische Dokumentation einer Massenkarambolage auf einer nordrhein-westfälischen Autobahn, bei der allein rund 1.300 Helfer der verschiedenen Organisationen, von der Polizei über Feuerwehr und THW bis hin zu DRK und anderen, im Einsatz waren. Hinzu kamen große Zahlen unterschiedlich schwer verletzter Menschen, aber auch diejenigen aus nachfolgenden Fahrzeugen, die ihre Fahrt nicht fortsetzen konnten, sowie Anwohner, die als Ersthelfer auf die Autobahn geeilt waren.
In derartigen Katastrophenlagen wird beispielsweise der DRK-Suchdienst hinzugezogen, um an der Meldestelle die Einsatzkräfte der verschiedenen Organisationen zu registrieren. Die Einsatzleitung erhält damit schnellen Zugriff auf Informationen, wer wann wo im Einsatz ist. Vor allem aber werden die verletzten und unverletzten Beteiligten registriert. Bei Verletzten werden die Daten, soweit verfügbar, von den Sanitätern, Medizinern oder Bergefachleuten an den Suchdienst weitergeleitet. Dazu gehört auch die Information, in welches Krankenhaus der Patient gebracht wird. Und selbst dann noch, wenn beispielsweise im Krankenhaus eine Verlegung des Unfallopfers in eine Spezialklinik angeordnet oder der Patient entlassen wird, geht eine Information an den Suchdienst heraus.
Die unverletzten Betroffenen sind ein wichtiges Thema sobald sich die Katastrophenlage über einen längeren Zeitraum hinzieht. Beispiel: Hochwasserkatastrophen oder auch Evakuierung ganzer Stadtbezirke, etwa wegen einer Bombenräumung. Mit der Registrierung in den Notunterkünften kann die Vollständigkeit einer Evakuierung überprüft werden oder Familien können kurzfristig zusammengeführt werden. „In solchen Situationen spielen Hinweise auf Betroffene für uns eine ganz wichtige Rolle“, berichtet Horst Fredersdorf. Schon die einfache Frage, ob Nachbar X sich bereits gemeldet habe, ist hilfreich. Hat X sich nach neuestem Stand nämlich noch nicht gemeldet, können Polizei und Hilfskräfte gezielt nach ihm suchen und so Schlimmeres verhindern.
Der ganze, immense Registrierungsaufwand ergibt spätestens dann seinen Sinn, wenn die ersten Suchanfragen nach dem Verbleib von Verwandten und Freunden beim DRK-Suchdienst eintreffen. „Da es sich bei unserer Übung um das Abschlussmodul der Suchdienst-Ausbildung im Roten Kreuz handelte, war das Ergebnis für alle Teilnehmer zunächst offen“, betont der Bremer Suchdienst-Leiter. Und mit einiger Freude: „Nicht nur haben unsere EDV und Technik fehlerfrei funktioniert, zusammen mit unseren Kollegen aus Stade und Cuxhaven haben wir das gesteckte Ziel insgesamt erreicht. Wir konnten alle Übungs-Suchanfragen von Angehörigen schnell und positiv beantworten und waren beispielsweise auch jederzeit informiert, welches Unfallopfer laut Planspiel in welcher Klinik behandelt wurde.“
Nach wie vor ist der Suchdienst ein wichtiger – ehrenamtlicher – Arbeitsbereich im DRK. Die Arbeit erscheint zunächst wenig spektakulär, ist dennoch bei Katastrophen-Ereignissen unverzichtbar. Horst Fredersdorf: „Auch wir vom Suchdienst des DRK-Landesverbandes Bremen freuen uns über jeden engagierten Freiwilligen“. Wer Lust hat mitzumachen, sollte Freude an strukturiertem Arbeiten und gern auch PC-Kenntnisse und Spaß an der Datenverarbeitung mitbringen. Kontakt zum Suchdienst bekommt man über die DRK-Landesgeschäftsstelle unter Telefon (0421) 43 63 80 oder über
info(at)drk-lv-bremen(dot)de.